Kommt nach der Corona-Pandemie die Kunststoffkrise? Big Business?!
Spannende sprachliche Insights zur Abfallsituation in Italien
Für alle, die sich lieber mein Video zum Thema anschauen, gibt es hier den Link:
https://www.youtube.com/watch?v=9EUl8fa-ATc

Bild von meineresterampe auf Pixabay
Ich habe vor einiger Zeit einen sehr interessanten Artikel in der italienischen Zeitschrift Espresso gelesen. Titel: La plastica che usiamo per difenderci dal Covid-19 sta avvelenando il mondo. Der Kunststoff, mit dem wir uns vor Covid-19 schützen, vergiftet die Welt.
Es geht also um Corona und Kunststoff. Deutschsprachige verwenden sehr gerne das Wort Corona, im englischsprachigen Raum und in Italien ist Covid beliebter. Leute, die viel auf Englisch lesen, reden übrigens auch häufiger von Covid.
Nur zur Einordnung: Jedes Monat werden laut Artikel 129 Milliarden Kunststoffmasken und 65 Milliarden Handschuhe aus Kunststoff weltweit hergestellt. Global gesehen hatte der Kunststoffmarkt ein Volumen von 900 Milliarden Dollar 2019 und ist 2021 auf 1012 Milliarden Dollar dank der Pandemie angewachsen. Tendenz stark steigend laut dem Artikel. Jo, die haben Kohle, Schotter, Moneten oder wie würde man auf Englisch sagen = bucks, dosh, dough oder auf Italienisch = grana, moneta, schei, quattrini…
Also Corona und Kunststoff… Kunststoff, mein Lieblingsmaterial, das Leben gibt und Leben nimmt.
Kunststoff gibt Leben. Ohne Kunststoff wäre die moderne Medizin, wie wir sie kennen, nicht möglich. Laut dem Artikel sind auch zuerst die Ärzte und das Pflegepersonal in den Krankenhäusern in Italien auf den Anstieg des Kunststoffabfalls aufmerksam geworden. Was muss gemacht werden, wenn man bestimmte Bereiche verlässt? Man darf sich die ganze Kunststoffschutzkleidung ausziehen und sie in den gelben bzw. schwarzen Behälter werfen.
Der Präsident von Eco Eridania, eines der größten Unternehmen zur Verwertung von Sonderabfällen in Italien, berichtet beispielsweise, dass Krankenhäuser um 20 % mehr Abfälle anliefern lassen, und dass diese in autorisierten Anlagen verbrannt werden.
Kennen wir ein schöneres Wort für verbrennen? Sofern es vom Kontext her passt, könnte man auch von thermischer Verwertung reden, aber dann, wenn möglich, mit Energierückgewinnung also energy recovery oder recupero energetico. Sie wissen schon… Termovalorizzazione und so…
Der Müll türmt sich. Und was haben die Italiener gemacht? Das Umweltministerium hat laut Artikel im März 2020 ein Rundschreiben an die Regionen verschickt, damit sie Ausnahmeregelungen für die Anlagen zur Mehraufnahme von Abfall treffen. In der Lombardei konnten beispielsweise Anlagen, die schon im Besitz einer Genehmigung zur Abfallentsorgung waren, auf Basis einer einfachen Eigenerklärung über 20 % mehr Abfälle lagern.
Wie wir alle wissen, kommt es dann vermehrt zu Bränden, daher sollte das nur im Ausnahmefall gemacht werden. Teilweise waren die Feuer in italienischen aufgelassenen Unternehmen, die als Abfalldeponien genutzt wurden, auch dem Importstopp von Kunststoff schlechter Qualität durch China geschuldet.
Und was wurde zwischenzeitlich aus dem Abfall, der nicht mehr nach China konnte? Dieser wird von Italien nach Malaysia (von 137 Millionen Tonnen auf 404 Tonnen), Vietnam, Indonesien und vor allem in die Türkei versandt – Big Business für einige und wichtig für den Handel. Aus den Augen, aus dem Sinn also out of sight, out of mind? Nö, wie man in Österreich schmerzlich erfahren durfte, schickte doch Malaysia den Dreck sprich Abfall, Reststoff, Müll wieder zurück zum Absender – so geht Kreislaufwirtschaft…